16/02/2024
Integrationsprozesse umfassen alle Bereiche eines Unternehmens. Der IT kommt dabei eine Schlüsselfunktion zu. Sie ermöglicht sowohl der internen als auch der externen Zusammenarbeit aller Stakeholder. Andreas Kissling, Head IT Sika, und Heike Scheckel, Head IT ehemalige MBCC Group, halten die Fäden in ihren Händen.
Als der Zusammenschluss von MBCC und Sika Anfang Mai 2023 vollzogen wurde, war dies für die IT-Abteilungen der beiden Unternehmen der Startschuss für den gemeinsamen Weg zur vollständigen Integration. Begonnen hatte die Zusammenarbeit der Teams von Heike Scheckel und Andreas Kissling bereits während der Due-Diligence-Phase, als die Übernahmekriterien geprüft wurden. «Wir haben damals innerhalb des IT Expert Teams gemeinsam ein verständliches Bild der IT von MBCC entwickelt», erzählt Andreas Kissling. «So konnten wir eine Risikoeinschätzung vornehmen und auch absehen, wie komplex der mögliche Integrationsprozess sein wird und welche Möglichkeiten und Chancen die Übernahme bietet.»
Sich finden trotz Unterschieden
Dazu fokussierten die Experten auf die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede ihrer jeweiligen IT-Landschaften. MBCC war Teil eines Private-Equity-Unternehmens und unterschied sich in einigen wesentlichen Merkmalen vom strategischen Player Sika. Heike Scheckel fielen vor allem die Unterschiede in der Organisation auf: «Die IT von MBCC ist wesentlich stärker zentral gesteuert als jene bei Sika. Und während bei Sika viel auf Inhouse Support gesetzt wird, hat MBCC eine starke Outsourcing-Komponente und arbeitet mit einem strategischen Partner zusammen.» Andreas Kissling identifiziert einen der grössten Unterschiede im IT-Bereich bei den Reporting-Strukturen in der IT. «Wir haben bei Sika sogenannte «dotted reporting lines», also ein Reporting an Linien- und an Fachvorgesetzte. MBCC hingegen ist in der IT zentraler organisiert, mit direkten Reporting Lines bis zur lokalen IT. Das zu harmonisieren ist etwas, das wir angehen werden.»
Gemeinsamkeiten helfen
Viel stärker wiegen für die beiden IT-Verantwortlichen jedoch die Gemeinsamkeiten. Andreas Kissling freut sich vor allem über die hohe Professionalität, die er bei MBCC vorfand. «Da wir auch kleinere Gesellschaften in die Sika Unternehmensgruppe integrieren, haben wir es teilweise mit einer IT-Expertise von kleineren Teams zu tun. Mit MBCC jedoch haben wir einen Partner auf Augenhöhe.» Hilfreich ist auch, dass die Kernapplikationen der beiden Unternehmen nahezu identisch sind: SAP S/4, Salesforce, Microsoft 365 oder Successfactors sind nur einige Beispiele. Das erleichtert die Migration und die Schulung der Mitarbeitenden sowie die Betreuung der Systeme erheblich.
Als sehr positiv nimmt Heike Scheckel die Gemeinsamkeiten in der Denkweise war. «Beide IT-Teams sind extrem engagiert und haben einen starken Fokus darauf, die strategischen Ziele des Business zu unterstützen. Und beide Teams können sehr gut mit Herausforderungen umgehen.»
Je näher das Closing kam, umso grösser wurde der Druck auf die IT, denn das Carve-out des Betonzusatzmittelgeschäfts von MBCC in Nordamerika und Europa musste eine Punktlandung werden. Enorm geholfen hat dabei, dass Heike Scheckel bei BASF vor einigen Jahren einen ähnlichen Prozess geleitet hatte. Die Erfahrungswerte daraus haben ihr dabei geholfen: «Als Trial-und-Error-Pionierstück wäre das ungleich schwieriger geworden», erklärt sie. Und sie betont, dass das nicht nur ihr Verdienst war: «Das ist immer die Leistung eines ganzen Teams.»
Den neuen Mitarbeitenden eine Perspektive bieten
Um die Digitalisierungs-Roadmap von Sika voranzutreiben und neue Technologien wie beispielsweise Automatisierung, Analytics oder KI einzuführen, benötigt Sika auch zukünftig viele IT- und Prozess-Fachkräfte. «Eine starke IT-Organisation hilft dem Business, seine strategischen Ziele zu erreichen», sagt Andreas Kissling. Für Heike Scheckel hat es hohe Priorität, für die ehemaligen MBCC-Mitarbeitenden alle eine neue Heimat in der Sika Organisation zu finden. «Wir müssen allen eine gute Perspektive bieten können, um sie und ihr Know-how in der Sika zu halten.» Die Weichen dazu sind gestellt, erläutert Andreas Kissling:
«Wir haben für alle IT-Mitarbeitenden der MBCC bereits heute ein gemeinsames Verständnis davon, in welchem der Sika Teams sie den grössten Mehrwert erbringen können.»
Die Tatsache, dass Sika in über 100 Ländern vertreten ist, erleichtert diese Aufgabe. «Wir werden für alle Teams weltweit Lösungen finden», sagt Andreas Kissling. Dass dies keine leeren Worte sind, zeigt ein aktuelles Beispiel: Der regionale IT-Verantwortliche AMEAP (Africa, Middle-East and Asia Pacific) von MBCC hat Anfang 2024 in Zürich die Plattform Business by Design, sozusagen die kleine Schwester von SAP/S4, übernommen. Solche geografischen Bewegungen wird es auch weiterhin geben, aber wo immer möglich, werden die Mitarbeitenden in den jeweiligen Ländern integriert. Am ehemaligen Hauptsitz von MBCC in Mannheim wird ein neues, zusätzliches Center of Gravity neben Zürich entstehen. Hier wird Heike Scheckel weiterhin wirken, dann unter dem Dach von Sika.
Vielversprechende Synergieeffekte
Der IT-Integration kommt eine tragende Rolle im Zusammenschluss zweier Unternehmen zu. Sie schafft die Voraussetzungen dafür, dass alle Mitarbeitenden untereinander vernetzt sind und auf dieser Basis gemeinsam arbeiten und das Business vorantreiben können. In allen Bereichen wird nun mit Hochdruck daran gearbeitet, das Beste aus beiden Unternehmen zu nutzen, um maximalen Geschäftserfolg zu erzielen. In der IT ergeben sich in verschiedenen Bereichen deutliche Synergien, die es auszuschöpfen gilt: So arbeitet MBCC im Outsourcing von IT-Dienstleistungen vielfach mit externen Partnern. «Diese Dienstleistungen können künftig über die IT-Teams der Sika erbracht werden, die nun durch die MBCC-Kollegen verstärkt werden», sagt Andreas Kissling. «Das Level an Outsourcing kann dadurch deutlich gesenkt werden.» Das ist etwa der Fall im Bereich der Cyber Security, wo wichtige Aufgaben im Bereich von Schutz, Erkennung und Reaktion vom MBCC Outsourcing Partner ins Cyber Defense Team der Sika überführt werden können.
Doch die Synergieeffekte reichen noch weiter: Grosses Potential bieten auch die Applikationslandschaften der beiden Firmen. Sowohl MBCC als auch Sika arbeiten mit SAP S/4 HANA, Salesforce, O365 und Successfactors. Das ermöglicht Skaleneffekte im Betrieb dieser Applikationsplattformen und im Lizenz-/Subscription Management. Bei der Infrastruktur können durch die Konsolidierung von Netzwerken und Data Centern sowie das konsequente Vorantreiben einer Cloud Journey ebenfalls Einsparungen erzielt werden.
Die Voraussetzung für die optimale Nutzung dieser vielfältigen Synergien ist, dass die Organisation zu einem erfolgreichen Ganzen zusammenwächst. «Wir brauchen den Austausch, wir müssen uns gegenseitig motivieren und unterstützen», sagt Heike Scheckel. «Und gemeinsame Erfolge muss man auch gemeinsam feiern, so wachsen wir am besten zusammen.»
Sie selbst ist in der Sika Welt gut angekommen. «Ich hatte so viele nette Willkommenserlebnisse, das stimmt mich sehr zuversichtlich.»
Ein gelungener Start
Dass die Mitarbeitenden ihrer beiden Teams hochmotiviert sind, ist für die beiden Führungskräfte keine Frage. Das zeigte sich am Tag des Closings in besonders beeindruckender Art und Weise, erinnert sich Andreas Kissling: «Ich durfte Heike und ihr Team in den letzten Stunden vor dem Closing begleiten. Da hat es nur so gebrummt, überall waren Menschen, die ihre Checklisten abgearbeitet haben.» Schliesslich kam auch noch die Konzernleitung dazu, um zu sehen, wie Heike Scheckel «den Knopf drückt». Allen im Team war klar, dass das Closing nicht einfach per symbolischen Knopfdruck herbeigeführt werden konnte. Doch ihre Kreativität war geweckt. Obwohl sie alle Hände voll zu tun hatten, fanden sie noch die Zeit, einen riesigen Button zu basteln, der dann zum offiziellen Closing gedrückt werden konnte. «Das zeigte uns, dass in unseren Teams auch der Humor nicht zu kurz kommt», sagt Heike Scheckel mit einem Schmunzeln. Für sie eine wichtige Voraussetzung für gute Zusammenarbeit.
Seit dem Closing Anfang Mai 2023 wird nun Schritt für Schritt die Integrationsplanung umgesetzt. Die beiden IT-Verantwortlichen wünschen sich natürlich, dass ihre Planung aufgeht. Angesichts der Dimension des Vorhabens sind sie sich jedoch bewusst, dass Herausforderungen auf sie zukommen werden. Mit ihren beiden hochmotivierten Teams werden sie dieses Grossprojekt stemmen. Und sicher auch noch viele weitere.